Einst gehörte der Buchs hierzulande zum katholischen Bauerngarten. Am Weißen Sonntag wurden traditionell Buchszweige zu einem Kranz geflochten und über den Kircheneingang gehängt. Der alte Buchsbaum im Garten meiner Mutter wurde schon vor fast 100 Jahren zu diesem Zweck verwendet. Der Buchs (Buxus sempervirens) schien bei uns bislang wenig Fraßfeinde zu haben, da er durch zahlreiche Alkaloide geschützt ist. Hierzulande regelmäßig zu finden ist der Buchsblattfloh Psylla buxi. Schließlich wird auch noch die Buchsbaum-Gallmücke Monarthropalpus buxi genannt.
Neuerdings sieht die Situation anders aus:
Es handelt sich um eine in Japan, Korea und Ostchina heimische Zünslerart, die dort ebenfalls als Schädling von Buchs auftritt und jetzt erstmals in Europa aufgetaucht ist. Wir besuchten einen stark mit Glyphodes perspectalis befallenen Garten.
Ein großer alter Buchsbaum wurde bereits wegen Kahlfraß entfernt. Die Gartenbesitzerin berichtete, dass sie seit August mehrere Hundert Raupen entfernt hat, wobei sie den Buchs durchgekämmt hat. Wir fanden dennoch etliche leere Puppenhülsen nebst einigen noch nicht geschlüpften Puppen und einer erwachsenen Raupe. Wegen des Absammelns war nur ein geringer Teil vom Buchs kahlgefressen, doch waren praktisch überall Raupengespinste und -kot nachzuweisen. Lediglich unmittelbar neben einem Muskateller-Salbei (Salvia sclarea) war der Buchs fast unbefressen.
Zudem berichtete die Gartenbesitzerin von kahlgefressenem Buchs in Mittelbergheim im Elsass. Dies könnte der erste Hinweis auf ein Vorkommen in Frankreich sein. Insgesamt erwies sich in Sundheim und in der Kernstadt von Kehl praktisch jeder Buchsbaum von dem Neuankömmling aus Ostasien besiedelt. Funde gibt es auch in den Ortsteilen Marlen, Goldscheuer, Kork und Bodersweier. Die Form und Sorte scheint dabei keine Rolle zu spielen. Ob Kugelbuchs, Großblättriger Buchs, kunstvoll geschnittener oder ungeschnitter Buchs - alle waren gleichermaßen besiedelt.
Zu völligem Kahlfraß kam es bislang nur vereinzelt. Stark schattige Stellen scheinen insgesamt weniger stark befressen zu sein. Da der immergrüne Buchs sehr langsam wächst, dürfte ein regelmäßiger Kahlfraß die Pflanzen stark schwächen. Zudem dürfte ein abgefressener Buchs für viele kein schöner Anblick sein. Der teuere und gut gepflegte Buchs diverser städtischer Anlagen, aber auch der Buchs der privaten Gärten und Terrassen ist ernsthaft bedroht. Sicherlich wird der Buchs in öffentlichen Anlagen und Gärten in seiner Beliebtheitsskala sinken. Der Fraß der Raupen fällt zunächst wenig auf, da die Raupen zunächst im dichten inneren Bereich des Buchsbaums fressen. Bei stärkerem Befall fallen alsbald die lockeren Raupengespinste mit den Kotballen auf. Schließlich fallen erste kahlgefressene Partien auf. Zumindest die im Sommer befallenen Buchsbäume konnten wieder neu austreiben. Allerdings habe ich (noch) keinen größeren völlig kahlgefressenen Buchsbaum entdeckt.
Auch die Puppen befinden sich im Inneren des Buchs, wo sie zwischen lose zusammengesponnenen Blättern aufgehängt sind. Auf der Rückfahrt zum Kaiserstuhl entlang des Rheins habe ich in fast allen Dörfern zwischen Neuried-Altenheim und Ihringen Buchs auf das Vorkommen von G. perspectalis hin untersucht. Interessanterweise konnte ich keinen einzigen Hinweis auf diese Art erzielen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Art ihren Eivorrat in der Regel nicht über größere Distanzen verteilt. In Kehl gibt es allerdings etliche Gärtnereien, Baumschulen, Blumenläden etc., die Buchs verkaufen.
So konnte von Raupen besiedelter Buchs in einer Gärtnerei und einem Kehler Heimwerkermarkt gefunden werden, der sofort behandelt wurde. Sicherlich gab es auch auswärtige Kunden, die dieses oder letztes Jahr Buchs aus Kehl bezogen haben. Frisch mit Eiern belegter oder von Jungraupen besetzter Buchs dürfte kaum jemandem auffallen. Wie erfolgreich der Handel mit eingetopftem Buchs verläuft, werden wir vielleicht nächstes Jahr erfahren, wenn sich an anderen Orten neue (Teil-)Populationen aufbauen.
Im Kehler Raum scheint sich die Art flächig ausgedehnt zu haben, wobei alte und junge Buchsbäume gleichermaßen befallen sind. Da in Kehl praktisch an jeder Buchspflanze Raupen oder Raupengespinste zu finden sind, muss davon ausgegangen werden, dass bereits Tausende von Faltern Eier abgelegt haben. Interessant ist, dass bereits 12 Kilometer südlich davon in Altenheim kein einziger Nachweis gelang.
Dies spricht für eine aktive Ausbreitung mit einer recht geringen Reichweite. Da neuerdings auch Raupenfall an Buchs für den Verkauf festgestellt worden ist, dürfte künftig zu der aktiven auch eine passive Ausbreitung hinzukommen. Glyphodes perspectalis Seite 2 |
Externe Links: |
Infos im Lepiforum: http://www.lepiforum.de/cgi-bin/lepiwiki_vgl.pl?Glyphodes_Perspectalis |
Foto des Falters bei nafoku.de: http://nafoku.de/butfly/htm/17102007_0836.htm |
Der Buchsbaum bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Buchsbaum |
Aktuelles: Tag der Artenvielfalt in Freiburg http://nafoku.de/tag-der-artenvielfalt/ |